Freundschaft

Die gesammelten Schätze des Monats der unliebsamen Überraschungen

Der Monat startete wie eigentlich alle vier Wochen mit dem ersten des Monats. Für jeden eine unfassbare Überraschung, aber in anbetracht dessen, dass es tatsächlich der Tag der Scherze und Überraschungen fand ich es passend es mal erwähnt zu haben. Hält mich dennoch nicht davon ab besonders viel Abstand von dem Tag zu nehmen. Menschen reinlegen ist und bleibt einfach gemeine. Verarscht zu werden erst recht und da ich kein Mensch bin der Überraschungen mag ist der Tag absolut nicht meins. Weshalb ich froh war, an dem tag nicht in den April geschickt worden zu sein. Zumal ich mit der Zeitumstellung, dem Semesterneustart und neuem Stundenplan genug zu tun hatte. Ich freue mich ja wirklich schon auf 2021, endlich keine Zeitumstellung mehr. Mittlerweile bekomme ich schon zwei Wochen vorher Panik, dass ich sie verpasst haben könnte. Darüber hinaus stresse ich mich jedes Mal damit ob mein Handy sich nun von völlig alleine umstellt und wie sich dass dann auf den Wecker ausübt. Was macht mich wahnsinnig.

Ähnlich wahnsinnig haben mich die völlig überfüllten Unisäle gemacht. Eine überfüllte Vorlesung zu besuchen ist ja noch okay, aber dieses Semester sind sämtliche Vorlesungen in meinem Stundenplan überfüllt. So stark, dass es oftmals keine Sitzplätze mehr gibt und wir daher gerne Mal im Gang auf den Treppenabsätzen sitzen müssen oder gleichstehen. Wahnsinnig kuschelig. Dabei weiß ich noch nicht einmal weshalb die Vorlesungen plötzlich so überfüllt sind und erst die Seminare. Das ist das eigentliche Schlimme, denn sobald ich oder jemand anderen mit gerade Mal zwei Leistungspunkten in einer Veranstaltung saß waren wir sofort raus oder es wurde (un) fairerweise gelost. Problematisch wurde es dann für die Masterstudenten, deren zehn Leistungspunktseminar mal eben wegbrach. Das Beste an dem ganzen Drama ist, dass eben diese Professorin bereits letztes Semester dieses Problem hatte. Damals bin ich nämlich mit gut der Hälfte der anderen Studenten haushoch hinausgeflogen. Weshalb lernt eine erwachsene Frau, dessen Job es ist Seminare und Vorlesungen adäquatzu erstellen aus ihren Fehlern nicht? Ich merke, das Äquivalent zum völlig überbewerteten überalterten, unverbesserlichen, überprivilegiertenweißen Mann gibt es ebenso in der Version der Frau. Auf der anderen Seite wundere ich mich deutlich woher diese ganzen Menschenmassen kommen. Im Wintersemester waren die Vorlesungen überfüllt und teils die Seminare wirklich gut besucht, aber so voll wie es momentan ist habe ich es noch nie erlebt. Dabei ist noch nicht einmal neuer Semesterstart.

Beim Thema Überfüllung zu bleiben, es blieb nicht das letzte Mal. In einem zweiten Seminar kam es zu dem selben Sachverhalt. Hier wurden wir jedoch nicht sofort herausgeschmissen, sondern es gab eine dieser berühmten Ansagen à la: Lesen Sie die drei Texte, fassen Sie sie bitte zusammen und dies bitte bis heute Nacht um 0.00. Wer bis dahin noch nicht abgegeben hat ist raus. Viel Erfolg. Ich sage euch, den Lesemarathon hätte ich mir gerne erspart, nur ging es an dieser Stelle um mein Hauptseminar. Den Verlust von sechs Leistungspunkten konnte ich mir daher nicht leisten. An dieser Stelle war ich ausgesprochen froh, nicht abends arbeiten zu müssen… Die achte Todsünde für Professoren und Studenten oder Tutoren lautet übrigens: Kennlernspiele. Ich fand sie in der Grundschule bereits ätzend und der Status Quo hat sich nicht verändert. Wenn Wenn ich mit Menschen reden will, dann gehe ich auf sie zu und frage sie. Ich will absolut nicht dazu genötigt werden irgendjemanden, der mich eh nicht interessiert irgendetwas von mir erzählen zu müssen. Weshalb auch? Sie haben es spätestens nach zehn Minuten eh wieder vergessen und die 90 Minuten, die wir damit Zeit verschwenden könnten wir bereits für den Semesterstoff verwenden damit es vor der Klausur nicht so hektisch wird. Lustige Momente gab es natürlich trotzdem hier einige Auszüge:

Prof: Wenn Sie bereits im sechsten Semester sind, weshalb sind Sie dann hier im Einführungsseminar?

Student: Hab letztes Semester die die Einführung verkackt, weil ich vergessen habe die Hausarbeit abzugeben… Gut ich war zu faul…

Prof: Herrlich diese Selbsterkenntnis. Es kann nur besser werden oder auch nicht…

oder auch:

Studentin: Geschichte ist objektiv.

Prof: …und jetzt weiß ich wieder, weshalb Sie letztes Jahr durchgefallen sind.

Glaubt mir, es geht nur so. Man möchte ja meinen, dass Schüler einer deutschen Schule den Nationalsozialismus immer noch rauf und runter lernen? Vergesst es, der Großteil meines Seminares hat absolut keine Ahnung und es ist ernsthaft erschütternd. Selbst einfache Logikfragen werden haushoch in den Wind gepfeffert. Unfassbar. Wobei ich zugeben muss, dass ich als ich mal wieder erkältet war ebenso mächtig auf dem Schlauch stand.

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Das erste und das letzte Wort des Jahres 2018

Jetzt sitzen wir hier, starren vermutlich gerade alle auf den eigenen Bildschirm (ihr lest meinen Beitrag, ich schreibe gerade Neujahrsglückwünsche) und wundern uns wie all die Jahre zuvor wie kurz doch 365 Tage sein können. Vermutlich ist das aber auch ganz gut so, wenn es eines git was weiter gehen muss dann ist es die Zeit ansonsten würden wir alle auf der stelle sterben (oder zumindest nicht leben) oder wir wären bereits tot. Wer will denn bitte auf ewig in einem Zeitabschnitt der menschlichen Geschichte herumhängen. Ich finde ja schon acht Stunden in der Universität anstrengend, da will ich nicht dass das Jahr plötzlich 1095 Tage dauert. Gerade wenn schlimme Dinge passiert sind, was sie nicht sind! 2018 war ein erstaunlich ruhiges Jahr. Fast schon zu ruhig und ich habe Angst, dass wenn ich den Beitrag jetzt am 28.12 zu ende schreibe morgen oder übermorgen oder an Silvester noch irgendetwas schlimmes passiert. 

Ich gehe gut und gerne zu das Jahr hatte Anlaufschwierigkeiten und Schlaglöcher… Ab November dann besonders viele Schlaglöcher, aber ich habe sie trotzdem überstanden. Schaue ich mir so Januar letzten Jahres an ist es erstaunlich wie viel und wie ich mich verändert habe. Januar letzten Jahres lag ich mehr oder weniger angeschlagen in Dublin in einem viel zu großen Bett in einem viel zu leeren Raum. Mag kitschig klingen, aber damals kam das meinem Gemütszustand schon verdammt nahe. Besonders wenn man durch die Fenster auf die gegenüberliegenden Straßenseite schaut und die fröhlichen Gesprächsrunden der Nachbarn beobachten kann. Irgendwie will ich Weihnachten dann doch nicht alleine verbringen. Schon gar nicht, wenn die Stadt in der man wohnt noch nicht einmal vernünftige Weihnachtsmärkte haben. Weihnachtsdeko hin oder her, aber an Marzipankartoffeln, gebrannten Mandeln, Lebkuchen oder Stollen und vor allem Weihnachtsmärkten müssen die Iren wirklich noch arbeiten… Ich meine, die sind doch so katholisch?! Ich würde trotzdem jederzeit wieder hinfahren (außer zu Weihnachten, da ist Deutschland schon ein ziemlich guter Ort) 

Desweiteren weiß ich nun, dass Island zwar ein famoses Reiseland ist und man gut und gerne dort Wandern kann (gerne auch länger), aber dort wohnen wollen würde ich dort nicht. Spezifiziere ich es würde ich sagen: Ich würde dort nicht arbeiten wollen. Isländer sind ware Arbeitstiere, was allerdings nicht okay ist dass eben von einem Praktikanten zu erwarten ohne ihn mit ins Boot zu holen. Wenn ich mir für euch den Hintern abarbeiten soll, dann sorgt dafür dass ich mich bei euch wohl fühle. Meine Chefinnen haben allesamt das Gegenteil bewirkt und man ist das ätzend. Zumal ich ja noch nicht einmal der einzige Mensch war, der sich gemobbt vor kam. Nicht gemobbt eher emotional ausgenutzt.

Nach recht unerfreulicher Praktikumstrennung und anschließendem Buchungsdrama kam ich trat ich die Rückreise an und mich empfing ein Sommer wie ich ihn seltenst erlebt habe und er machte mich wahnsinnig. Hätte ich die Wahl würde ich immer noch die 8°C wählen. Kaum dass ich zurück kam ging es auch schon ans Nebenjob suchen, Bewerbungen schreiben und eben dies kann ich gleich diesen Januar weiterführen. Nach zwei Wochen hatte mich der Alltag wieder und es stellte sich die nächste Frage: Was tun? Während des Studierens würde ich neue Leute kennen lernen, aber zwischen Ankunft und Studienbeginn lagen noch gut fünf Monate. Den wirklich einzigen Anknüpfungspunkt der mir blieb war somit meine Rollenspielrunde und obwohl ich zu spät für die Rundenvergabe kam wurde ich herzlichst aufgenommen.

Damit kann ich voll und ganz behaupten, dass 2018 besser war als 2017 und 2016 und 2015 zusammen. Ich würde sogar behaupten 2018 (war) mein Jahr. Zwar mit Anlaufschwierigkeiten, aber was ist schon perfekt. Ich habe in den letzten sieben Monaten so viel Spaß gehabt wie schon lange nicht mehr. Ich habe reichlich gelacht, gefeiert und teilweise die Nächte unfreiwillig durchgemacht, habe geschimpft, geflucht und mich tierisch gefreut. Dieses Jahr weiß ich endlich weshalb ich die letzten Jahre einfach so oft nur durchgehalten habe, weil mir eine ganz bestimmte Kiwi immer wieder gezwitschert hat dass es bald besser würde. 

Es gibt da draußen tatsächlich Menschen, die einen mögen so wie man ist, die für einen da sind und die mit einem auf einer Wellenlänge sind. Erwachsen werden und zu wachsen macht mit den richtigen Menschen doch Spaß. Dieses Jahr habe ich auch endlich eine konkrete Antwort darauf, weshalb ich keine trendige Bucket List mehr habe. Ich brauche keine, dass einzige was ich wirklich in meinem Leben sein möchte ist glücklich und zufrieden. Dafür brauche ich keine Bucket List, ich brauche nichts und niemanden der mir predigt was ich zu tun und zu lassen habe für mein eigenes Wohlbefinden oder wie ich mein Leben zu leben habe. Wenn es Dinge gibt, die ich tun möchte dann gerne. Wünsche die mir wirklich wichtig genug sind werden wohl ein paar Jahre bestehen bleiben bis ich sie mir erfüllen werde können (sofern es größere Wünsche sind). 

Momentan bin ich da noch ein wenig zwiegespalten. Einerseits wünsche ich mir, dass ich hier in meiner Heimat bleiben kann bei meinen neu gewonnen Freunden, auf der anderen Seite will ich auch meinen Traum von einer so wunderbaren kreativen Karriere verfolgen, die vermutlich darin endet dass ich Pizzalieferant werde. Seit Monaten begleiten mich Fragen wie Lohnt es sich wirklich? Soll ich das durchziehen? Habe ich überhaupt Chancen? Will ich hier wirklich weg? Mit der Zeit wurmen einen diese Gedanken ziemlich arg und manchmal wünschte ich, ich könnte an zwei Orten gleichzeitig sein. Ich weiß, ich weiß, noch ist nichts geschrieben. Ich habe weder die Bewerbungen fertig, noch habe ich mich beworben, noch habe ich die Mappen eingereicht oder gar die Aufnahmeprüfung bestanden. Aber dieser konstante Zwiespalt mit dieser Konstanten Sorge. Welcome to the world of anxiety. Ich werde es dennoch durchziehen, wäre ja noch schöner würde ich mir dann mein ganzes Leben ein was wäre wenn gewesen vorwerfen.

Also zurück zur Retrospektive: Schaue ich mir da die letzten 365 Tage an, ist dass schon eine recht gute Grundlage auf die man aufbauen kann. Die Zeit von März bis Anfang Mai und den November kann man jedoch streichen. Ähnlich sieht es im Weltgeschehen aus, egal was die Medien uns vormachen wollen 2018 war friedlicher als letztes Jahr. Wenn die Welt jedoch so weiter gemacht hätte wie bisher, wäre ich vermutlich schon vorher aus allen Wolken gefallen. 

Ein Highlight wäre da beispielsweise die Rettung der thailändischen Jungen aus der Höhle oder dass das Münchner Oberlandesgericht endlich ein Mitglied der RAF verurteilt hat (wurde aber auch Zeit… da sind dennoch viele Dinge unberührt geblieben) und der (fantastische?) Sommer. Ich meine so wenig Regen hier oben im Norden hatten wir schon lange nicht mehr und meinem Vitamin D3 Haushalt hat es erheblich geholfen. Ansonsten kann ich nur sagen, der Hambi bleibt und es gibt mittlerweile Weihnachtsbäume die man für Weihnachten mieten kann damit man sich die Rodung solcher sparen kann. Ich sehe übrigens gerade, ich habe noch zu viele Punkte die ich euch mitteilen möchte als dass ich jetzt noch im geschlossenen Absatz weiterschreiben möchte. 

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Katastrophenloser zweiter Versuch

Das Ereignis ist jetzt auch schon wieder eine Weile. Weitaus über vier Wochen oder genau vier? Ich weiß ja noch nicht einmal wann der Beitrag hier erscheinen wird, denn zwischen den ersten Zeilen hier und den letzten liegt noch eine lange Zeit voll mit Konzerten und Referaten. All das macht mich übrigens jetzt schon nervös, vor allem die Referate. Deshalb, die Haare sitzen wohl nicht mehr so perfekt wie sie mal waren. Schon gar nicht bei mir, aber was ist schon perfekt.

Wie auch immer, ich war im Oktober das zweite Mal in meinem Leben beim Friseur und zwar ohne vorher eine mittelschwere Katastrophe verursacht zu haben. Kein Nervenzusammenbruch, keine Panikattacke lediglich das Gefühl am völlig falschen Ort zu sein, aber das zieht sich sowieso konsequent durch mein Leben. Weshalb war ich beim Friseur? Es liegt nahe: Sich die Haare selbst zu schneiden ist eine Kunst und die beherrsche ich bekanntermaßen definitiv nicht. Zumal mein Haar auch nicht so dankbar ist wie das Dackelhaar von P!nk. Von meinem Traumiro in weiß musste ich mich deshalb schon viel zu früh verabschieden.

Es sollte trotzdem etwas Neues werden. Es sollte einerseits den Geldbeutel schonen und auf der anderen Seite einigermaßen respektabel aussehen. Der oder diejenige sollte also Ahnung von seinem Handwerk haben und wir wissen alle wie das mit Friseuren ist. Die Definition von gekonntes Handwerk ist weit… Genauso wie die Preisliste, die meistens nicht wirklich das widerspiegelt was man letztendlich geboten bekommt.

Aus dem Grund habe ich Unterfangen Frisur auch immer gerne weit von mir geschoben, bis ich eines Tages am Haken hing. Der Haken hieß: Haarmodell werden. Klingt interessant, war es aber ehrlich gesagt nicht. Frau K. macht uns da allen etwas in ihrem Reality-TV vor. Man wird weder zu etwas gezwungen, noch ist es etwas völlig radikal Neues (was niemand mit einem abgesprochen hat) und man bricht auch nicht in Tränen aus. Zumindest ich bin es nicht, obwohl die Meisterin nachschneiden musste.

Damit das ganze Experiment sich auch wirklich lohnen würde, ging ich zu einem der teuersten Friseure unsere Stadt. Bei dem schlug sich das angebliche Können wirklich in den Preisen wieder, dass aber auch gerechtfertigt war (wenn man sich das Ergebnis dann so angesehen hat). Zumal Haarmodells eben weniger zahlen würden… Ich sah eben jenen Aushang der besagte: Schnittmodell gesucht. So ging ich in den Laden, meldete mich, mir wurde eine ungefähre Idee vorgelegt und bekam schließlich einen Termin. Besagte Idee ist übrigens geringfügig korrigierbar nach oben oder nach unten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit rosa-grün gepunktetem Haar herumspaziert wäre, war in dem Moment und auch später sehr, sehr, sehr gering. Das Einzige was ich nicht eingeplant hatte an Katastrophen war: die Zeit. Was ein Meister kann, kann der Lehrling noch lange nicht. Könnte man fast wortwörtlich nehmen, denn der Termin dauerte gute zweieinhalb Stunden… Gut Ding will eben Weile haben, aber dafür gab es Abhilfe. Ich war damals so verplant gewesen diesen Zeittraum doppelt zu belegen. Zum einem mit dem Friseurtermin zum anderen mit dem Treffen eines Freundes. Weshalb das Ganze also nicht ganz dreist kombinieren? Anscheinend habe ich mich dabei auch nicht ganz so blöd angestellt, denn er sagte zu und ich war erstaunt. Ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen, als bei einem Friseur herum zu sitzen. Schon gar nicht mit jemandem, den ich bis dato fast nicht kannte. Derjenige war nämlich der Herr gewesen mit dem ich auf dem MPS unseren Zeltplatz hüten musste. Alle anderen waren nämlich auf Nahrungsjagd durch die norddeutschen Supermärkte kurzzeitig verschollen gewesen. Ich kann also nicht nur dreist sein, sondern Menschen auch noch adäquat und eloquent zulabern.

Was ich neben der Zeit nicht eingeplant hatte war, dass man sich als durchnächtigter semi-gutgelaunter hypernervöser Grottenolm vielleicht doch hätte ans Klientel anpassen sollen. Hohe Schuhe soll man schließlich vor DEM Abend ja auch erst einmal einlaufen und ein Hochzeitskleid trägt sich auch nicht einfach so, schon gar nicht wenn es eine Korsage oder einen Reifrock besitzt.

All das hatte ich also weder bedacht oder verdrängt (sehr viel wahrscheinlicher) oder es war mir schlicht weg völlig egal (am wahrscheinlichsten). Es war mir dann aber doch nicht egal, als wir diesen Laden betraten. Einer der Nerds (meine Wenigkeit) hatte so absolut gar keine Ahnung wie man sich in so einem extravaganten Etablissement verhält und fand alles wahnsinnig peinlich. Mein Gehirn verfiel kurzeitig in den chronischen Modus: Warum sind die so höflich und zuvorkommend? Das kann ich doch auch alleine… oder Was? Ich muss mir nicht selbst die Haare waschen?! An dieser Stelle gibt mein dekadentes Ego sehr gerne zu, dass der Friseurkittel aus Satin schon was hatte. Fazit: Ich bin doch auch nur ein Opfer unserer konsumorientierten Welt. Die Haare waschen tue ich mir trotzdem lieber alleine… wie auch alles andere. Weshalb mein Gehirn dann im Stillen wieder anfing mit: Ihhh mach das weg, Lass mich in Ruhe, Ich kann das alleine zu schreien. Sehr erwachsen… Das ging die nächsten Stunden übrigens so weiter. Nach außen habe ich es hoffentlich ganz gut kaschiert auch wenn ich nie wusste mit wem ich jetzt reden soll. Mit meiner Begleitung, dem Friseur, mit mir selbst oder einfach gar nicht. Letzteres wäre aber gegenüber allen unfair gewesen, weshalb ich irgendeinen Mix aus allem versuchte. Ich habe es dann übrigens irgendwann aufgegeben. Die Situation blieb die selbe und ich war deutlich entspannter.

Zwischen drin, war ich dann aber doch interessiert was er mit meinen Haaren machte. Ich habe folgendes gelernt: Mann muss wohl bestimmte Linien im Haar erkennen, die bei jedem Menschen unterschiedlich sitzen. Diese Linienstruktur, von der die Meisterin ständig sprach ist wohl bei mir sehr schwach ausgeprägt, weshalb er sie übrigens auch krumm und schief geschnitten hatte. Sie korrigierte alles innerhalb von fünf Minuten und mir fehlte noch nicht einmal ein weiterer Zentimeter an Haar.

Der ursprüngliche Plan war ein Bob gewesen, aus dem wurde dann ein einfacher Stufenschnitt. Nicht wirklich pflegebedürftige und es steht mir scheinbar. Vielleicht wird es ja im neuen Jahr ein wenig experimenteller, wer weiß.

Schnoddersurfen

Es ertönt ein Bing und ich schlage mehr unwillig als freiwillig die Augen auf und greife reflexartig nach meinem Telefon. Wieder stellt mein Gehirn meinem Körper die Frage, ob er das wirklich möchte… Ihm scheint es gleichgültig zu sein, denn er fummelt fröhlich weiter am Display herum. So viel zum Thema Körper und Seele sollten eins sein. Einen Scheiß sind sie es, aber jedes Mal wenn mir jemand schreibt habe ich das ungute Gefühl, dass etwas schlimmes passiert sein könnte. Jedes gottverdammte Mal, seitdem ich ein Telefon besitze.

Vor mir tut sich eine Benachrichtigung auf die besagt, dass N. mir ein Foto mit einer Caption geschickt hätte. Dieses Mal versucht mein Gehirn wesentlich offensiver meinem Körper zu zeigen, dass es zumindest nicht will. Körper findet mal wieder, dass sich mein Gehirn zu sehr anstelle und ignoriert es gekonnt. Mit brennenden und halb verquollenen Augen wische ich also auf dem Glas herum und hoffe, dass es noch die richtige Form des Wischens war. Beim Auftun des blütenweißen Hintergrundes zucken meine Lieder wie blöd. Das hast du nun davon, höre ich mein Gehirn flüstern und irgendwie habe ich das Gefühl dass es vergessen hat, dass es sich dabei nur selbst weh tut. Meine Pupillen kommen jedenfalls nicht mehr mit dem Schließen hinterher und mein inneres Ich beginnt fröhlich vor sich hin zu schreien. Meiner Finger tippen nun mehr als dass sie Wischen, meine Kehle röchelt, meine Nase läuft Marathon und mein Kopf sendet mittlerweile fast schon hysterisch-panikend SOS Signale. Das Foto maximiert sich automatisch vor mir und zeigt N. in Bermudashorts, Tanktop und mit einem Surfbrett in der Hand Marke Mini Malibu. Die Versuche dabei möglichst cool auszusehen ignoriere ich beflissentlich, ich sehe ihm an wie er an Muskelkater stirbt. So zurechnungsfähig ist mein Gehirn dann doch, erstaunlich.

Den Satz darunter: „Sau geile Wellen gehabt heute“ lässt mich ebenfalls zweifeln. Das Meer im Hintergrund sieht für Wellen nämlich eindeutig zu flach aus, aber dass schreibe ich nicht. Heute fehlt mir eindeutig die Geduld, die Konzentration und die Ausdauer für eine gute Diskussion. Zumal mein Gehirn jetzt aufgehört hat SOS-Signale zu schicken, dafür hat mein Kopf beschlossen ein einziges Inferno von Feuerwerk zu zünden. Womit habe ich das nur verdient, denkt sich mein Gehirn und meine Augen rollen dazu unterstützend. Schön, dass die beiden zumindest einmal einig sind.

Die Phrase „Atemlos durch die Nacht“ bekommt in einem solchen Zustand eine ganz neue Bedeutung muss ich immer wieder feststellen muss. Meine Finger befürworten nur, dass sie nicht doof herumliegen und toben sich gerade mithilfe der Tastatur aus. Wobei ich mir sicher bin, dass das Geschriebene auch eher nur halb so viel sinn macht wie ich es mir gerade vorstelle. Was nun folgt kenne ich schon und zwar zur Genüge. Denn kurz darauf

steht unter Ns Namen ungefähr drei Minuten lang das Wörtchen „schreibt…“. In diesen drei Minuten, wälze ich mich mindestens zwei Mal in meinem Lazarettbett herum, schnaube mir mal wieder die Nase wund und saufe einen weiteren Liter Tee. Drei Minuten können verdammt lang sein denkt sich mein Gehirn und will schon wieder abdriften, da erscheint auf dem Screen „Spielverderberin“. Und dafür drei Minuten?! Ich merke wie mein Gehirn anfängt zu kochen, aber statt zu einer Predigt anzusetzen, die den Unterschied zwischen Ehrlichkeit und einfach nur maßloser Dämlichkeit beleuchtet schreibe ich einfach nur: „Zumindest kann ich besser surfen als du“.

Danach gibt es kein Halten mehr, zumindest nicht für N. Was folgt ist eine Litanei in pseudo- Fachjargon, was heutzutage keiner mehr spricht. Es sei denn man will auf Teufel komm raus cool wirken eben wie N. Mein Kopf hat mittlerweile von Feuerwerk auf Technoparty umgesattelt und überdreht gerade meine inneren Boxen, der Bass der Loveparade war angenehmer. Du kannst dich doch lediglich auf dem Brett halten denke ich und meine Augen rollen mal wieder Purzelbäume. Sie wissen nämlich noch wie N. sich kaum auf einem Skateboard halten konnte. Das Ganze war kaum sieben Tage her. „Ich kann immer noch besser surfen als du, selbst wenn ich krank bin“, schreibe ich wieder.

Daraufhin schließe ich meine Augen und bevor ich überhaupt irgendetwas dagegen unternehmen kann renne ich bereits aus der Tür, schnappe mir mein Board und beginne mit meinem einen Bein Schwung zu holen und gleite durch die Straßen.

Ich passiere Wellenberge- und täler aus Beton, dann drehe ich der potenziellen Bedrohung den Rücken zu und bringe mich in Position. Jetzt geht es ans Eingemachte, mein Körper muss genau mittig auf dem Brett liegen, die Spitze des Boards darf nicht höher als einen guten Kopf über dem Wasserspiegel liegen. Ich schaue immer wieder über meine Schulter, der Wind pfeift und meine nassen Haare klatschen mir ins Gesicht. Pass dich der Welle an, säuselt mein Gehirn worauf hin ich mich arg verlangsame. Dann irgendwann kommt der Lift und ich stemme mich hoch.

Der Lärm des Verkehrs schwillt an, vermischt sich mit dem Rauschen des Meeres bevor es letztendlich den Straßenlärm vollständig überlagert. Ich kann es kaum fassen, jetzt surfe ich doch tatsächlich durch die Straßen meiner Stadt. Meine Haare lösen sich von meinem Gesicht und wehen nun wie verrückt im Wind. Die Gischt schlägt mir ins Gesicht und ich muss aufpassen, dass ich sowohl kein Salzwasser in die Augen bekomme als auch das Gleichgewicht halte, denn die Kraft des Meeres ist stark. Es ist niemals dein Freund mag es dir noch so ruhig und gleichmäßig vorkommen. Es nimmt auf niemanden Rücksicht, weder auf dich noch auf irgendein anderes Lebewesen. Es ist sich selbst genug mehr braucht es nicht.

Mein primäres Ziel ist nun nicht mehr der Arzt, sondern auf dem Weg dorthin einen vollständigen 360° zu schaffen. Die Triefnase habe ich schon längst hinter mir gelassen genauso wie meinen schmerzenden Hals, Kopf und Gelenke. Ich verlagere mein Gewicht langsam auf meinen hinteren Fuß und schwinge dann blitzschnell mit meinem vorderen Bein mein Brett einmal um mich herum und fahre dabei mit meinen Händen durchs Wasser. Sofort bemerkte ich, dass es eine schlechte Idee war schließlich stehe ich eigentlich immer noch auf dem Board und Asphalt lässt sich schlecht durchfahren. Wenn ich wieder zu Hause bin heißt es wohl Hände desinfizieren. Zum Glück habe ich nicht mein Gleichgewicht verlorenen, dazu gehört schon mehr als nur ein paar Kratzer an den Fingerspitzen.

Meine Konzentration ist so vom Betonwellenverlauf vereinnahmt, dass ich fast die ausgeschriebenen Sonderangebote an meinem lokalen Supermarkt übersehe, aber eben nur fast. Ich reite eine erneute Welle durch den Laden, bei der ich dieses mal auf einen 360° verzichte. Satt dessen nutze ich einen Wellenkamm als Halfpipe und hebe tatsächlich ein wenig von der Meeresoberfläche ab. Das Aufsetzen ist knapp, aber ich schaffe es gerade noch so bevor die Welle bricht, damit meine Beine erst gar nicht an Schlapp machen denken steuere ich gleich in die nächste an.

Der Weg zum Arzt will schließlich hinter sich gebracht werden, allerdings merke ich langsam wie mein Adrenalin erheblich abnimmt. Fast wäre ich beim Arzt vom Brett gefallen, aber da spüre ich einen erneuten Lift und mein eiserner Wille packt mich wieder. Meine Kräfte mögen zwar nachlassen, aber den nach Hauseweg würde ich trotzdem noch schaffen. Das morgendliche Krankheitshoch musste schließlich ausgekostet werden.

Bevor ich mich jedoch dem Strand zuwenden kann, sehe ich aus dem Augenwinkel die perfekte Welle. Diesen Jackpot werde ich mir nicht entgehen lassen, so viel steht fest. Ich schmeiße alle reifen Überlegungen über Bord und reiße mich noch einmal zusammen.

Dann bringe ich mich abermals in Position. Körper mittig auf dem Brett, mein Tempo dem der Welle anpassen und zu guter Letzt den Kopf nach unten nehmen. Sobald ich erneut den den Aufschwung spühre, schwinge ich mich hoch und lehne mich seitlich gen Wellenwand und dann befindet sich die Welle auch schon über mir. Nicht nur über mir, auch unter und rechts von mir. Links fällt der Schaum nach untern, dem Ruf der Schwerkraft folgend. Der einzige Ausweg ist nach vorn und dorthin rase ich nun auch.

Während ich in Gedanken damit beschäftigt bin die Pipe erfolgreich zu meistern, versuche ich in der Realität den übergroßen und viel zu schweren Staubsauger aus der Kammer zu ziehen und noch einmal schnell die Wohnung zu säubern bevor das ernsthafte Nachmittagstief eintrifft. Gerade wenn man viel am Vormittag und am Morgen erledigt hat, trotz Erkältung fühlt sich das Nachmittagstief an wie das Wellental eines Tsunami. Satt Staub wirbelt nun wieder Wasser um mich herum und das Rauschen erfüllt wieder meine Ohren.

Das hin und her Bewegen des Staubsaugerausläufers fusioniert mit dem leichten Wackeln des Brettes unter meinen Füßen und bevor endgültig die Gischt über mir zusammenschlagen kann bin ich aus dem Tunnel heraus und surfe wieder unter der Sonne. Das Adrenalin gibt mir noch einmal den letzten Kick um an den Strand zu kommen ergo aufs Bett zu fallen. Dort angekommen lass ich mich nach hinten plumpsen und lasse die Wellen über mich hinweg rollen…

Siehst du? Jetzt sag nicht, dass ich nicht Wellenreiten kann, ich kann sogar meine Erkältungswellen reiten. 

Herzkramen, Klappe die Zweite: Sprache

Für diejenigen, die sich gerade Fragen was dieser ganze Herzschmerz soll, der lese dort bitte mal ganz flux hier nach. Denn dieser Herzschmerz ist die verdammt geniale Idee des Herren Random Randomsens.

Auf dann, die zweite Runde beginnt: 

Ich habe nicht viel zum Thema Sprache zu sagen. Ich bin weder redegewandt, noch präzise, noch sprachbegabt, noch sprachbegeistert oder gar der deutschen oder überhaupt irgendeiner Grammatik mächtig. Selbst Kommunizieren fällt mir immer noch scher, aber wenn man eins sagen und schreiben können sollte dann ist es definitiv dieser Satz: Ich liebe dich.

Für den Anfang hier meine elf Variationen.

 

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Gesammelte Schätze des Monats der Reisevorbereitungen

In dem Moment in dem ihr dies lest, sitze ich bereits in einem hoffentlich wundervollen Zimmer mitten in Dublin. Ich schreibe diesen Bericht ganz frech vorab, meine letzte Freizeit bewusst zu nutzen. Die Behördengänge sind erledigt, mein Führungszeugnis ist ebenfalls angekommen diverse Abonnements sowie Beitragszahlungen gekündigt und nun sitze ich hier, warte nur darauf das die Sonne aufgeht um Dublin vollständig zu erkunden. Als allerstes steht natürlich das Touri-Pflichtprogramm an…

Sämtliche Museen, Büchereien und natürlich das Trinity College, was genau wird sich dann wohl dort herausstellen. Ich weiß nur, dass ich hoffe daran zu denken mich noch mit der irischen Geschichte auseinander zu setzen, sonst wird es peinlich.

Aber zurück zum Anfang des Monats. Mein Geburtstag wurde entsprechend ein letztes Mal zelebriert. Also nicht ein allerletztes Mal, sondern lediglich ein letztes Mal mit den mir bis dato bekannten Gesichtern. Erste Erkenntnis des Monats, ich werde nie eine glorreiche Gastgeberin. Ich liebe es zwar Vorträge über jeden erdenklichen Krams zu halten, vier von grundauf verschiedene Freundeskreise zusammenzubringen ist eine Herausforderung, die ich in Zukunft dankend ablehnen werde. Lieber vier Mal Geburtstag feiern…

Am Ende wurde es dann doch ganz romantisch, nur war das gar nicht so beabsichtigt gewesen und nach kurzen Eklat wurde es dann endlich ruhig und ich konnte endlich schlafen. Weshalb muss jeder in meinem Freundeskreis auch eine Nachteule sein… Dank Schlafmangels, emotionaler Unentschlossen bis Genervtheit ging ich die nächsten Tage auf dem Zahnfleisch.

Was meinen Zustand allerdings erheblich verbesserte, war der eher kurzfristige Besuch einer neu gefundenen Freundin und ich stand mit Vergnügen Pate als sie in meine Heimatstadt kam, um ihr zumindest all dass zu zeigen wo sie vorher noch nicht gewesen war. Das „Alles“ unter den wachsamen Augen der Hundertschaft… Damit uns ja nichts geschah.

Hat geklappt, darüber hinaus verwandelten wir zwei uns in eine verwandte Form der Shadowhunters, uns wurde die Ehre erwiesen in dem Moment an einem Drogeriemarkt vorbeizugehen in dem ein junge Dogge sich gerade ihres Halsbandes entledigte. Plötzlich stand das unglaublich niedliche Riesending zwanzig Meter neben seiner Leine, völlig verängstigt da weder Herrchen oder Frauchen zu sehen waren und trabte immer weiter die Straße herunter. Je weiter wir uns dem Hund näherten um ihn von der Hauptverkehrsstraße wegzulocken desto schneller wich er zurück in Richtung Autos. Bis zu dem Zeitpunkt an dem ein LKW-Fahrer das arme Ding zusammenhupte und der Hund nun panisch in die entgegensetze Richtung durch startete. Uns entgegen rennend versuchten wir in aufzuhalten, was nicht klappte. Ich reagierte blitzschnell und rannte hinter ihr her, meine Freundin rannte ins Geschäft um den Besitzer zu finden. Hungrig, eine junge Dogge zu jagend ist nicht dass was ich in meiner Freizeit möchte. Vor allem wenn die Kreuzung zweier Hauptverkehrsadern immer schneller entgegen rückt. Zumal ich das Gefühl bekam, dass hinterher sprinten sie nur noch panischer werden ließ. Aber ich durfte sie weder aus den Augen lassen, noch zu lassen dass sie auf die Straße lief.

Ich weiß nicht warum, aber dem Himmel sei dank rannte der Doggenteenager in die nächst gelegene Metrostation und Himmel sei dank öffnete kein anderer den gegenüberliegenden Eingang, weshalb sie nun in der Falle saß. So wartete ich in gebührendem Abstand auf den Besitzer und auf meine Freundin. Von der Ferne aus panische Hunde zu beruhigen habe ich noch nie versucht und wirklich begnadet bin ich darin auch nicht, aber zumindest hat es dafür gereicht dass sie nicht auch noch auf die Gleise sprang. Schließlich kamen dann die zwei Herrchen bzw. Frauchen. Mutter und Tochter. Was für ein Nervenkitzel…

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23. Türchen:

„Aufgabe? Geheim!“ – Walle-E

Brumm, Brumm. Dieses Brumm-Brumm-Etwas ließ mein Bett vibrieren. Ich drehte mich wieder zur Wand, schließlich war Samstag. Samstag, da stand ich für gewöhnlich nie auf. Nie, egal was war: Umzug, Bauarbeiten, fuchsteufelswilder Kumpel, selbst bei einem Erdbeben wäre ich liegen geblieben. Das Haus war eh so marode, dass aufstehen auch nichts genützt hätte. Bevor man auch nur die Tür hätte erreichen können wäre man erschlagen worden. Deckel drauf, Mensch tot. So einfach war das. Brumm, Brumm machte es wieder. Immerhin war es ein sehr angenehmes an mein Bett stoßen. Erdbeben könnten anscheinend sogar beim Wiedereinschlafen helfen. Das Geschunkel in meinen Traum einbauend döste ich weiter. Nur moment, seit wann brummten Erdbeben? Ich stöhnte… Also kein Geschenk von Mutternatur. Jetzt begann auch langsam mein Kopf zu schmerzen. Gut, sagte ich langsam? Ich meinte schnell. Mein Kopf glich einem chinesischen Feuerwerk. Selbst ein Schlag in die Fresse fühlte sich angenehmer an. Merke: Zwei Schwermatrosen sind nix für einen leeren Magen. Brumm, Brumm machte es wieder. Dieses Mal lauter, drängender. Ich jaulte… Mein Kopf. Das Hämmern wurde heftiger. Welcher Vollpfosten besaß den Schlüssel zu… „Verpiss dich“, grummelte ich. Egal wer es war, er sollte gehen – sofort. Es folgte leises Getrappel, dann wurde das Brummen leiser. Endlich. Zumal ich jetzt sicher sein konnte, dass es kein One-Night-Stand gewesen war, denn diese ließen sich für gewöhnlich nicht mir einem „Verpiss dich“ abwimmeln, schon gar nicht die Hübschen.

Langsam schob ich mir die Decke über den Kopf. Bloß nicht zu schnell bewegen, meldeten meine Muskeln. Aber ehe ich wirklich wieder Einschlafen konnte wurde das Trappeln wieder lauter und dann, dann gab es einen kräftigen Rumms und mein komplettes Bett erzitterte. Die Matratze senkte sich und ich flog ein Stückchen in die Luft. Mein Kopf explodierte, ich wimmerte. Jetzt rebellierten nicht nur Kopf und Muskeln, nein auch der Magen kam jetzt hinzu. Wütend tastete ich nach einem Kissen. Wer auch immer das gewesen war… Reflexartig schlug ich die Augen auf und versuchte mein Ziel zu erhaschen – da ein blonder roter Fleck am Fußende meines Bettes. Ich holte aus und hielt inne. Der rote Fleck wackelte und kam über die Decke auf mich zu gelaufen. Das fanden ich und mein Körper noch weniger lustig und ehe ich mich versah hörte ich ganz dicht an meinem Ohr: „Brummmmmmmm!“ Dann schnellte es an mir vorbei. Ich zuckte zusammen. Um ein Haar hätte es mich am Auge erwischt. Nicht das es mir etwas ausgemacht hätte, außer unförmig umher tanzende Lichtpunkte sah ich immer noch nicht. Was es auch gewesen sein mochte, offensichtlich wollte es, dass ich aufstand. Wenn ich erfuhr, wer das war…

Mürrisch setzte ich mich in Bewegung. Wer wusste schon wie ewig dieser Schlafterrorimus anhalten würde? Mein Magen hatte sich bereits auch wieder beruhigt. Zumindest hing er mir nicht mehr direkt im Rachen. Auf ging’s! Zuerst ein Bein über die Kante, dann Zehen ausstrecken, wo war der Boden? Da. Urks war der kalt. Sofort bildete sich von meinem Knöchel aus über die Wade noch eine Schicht Gänsehaut. Erstmal Pause. Bloß nicht nachdenken. Vorsichtig fühlte ich nach meinem Arm… Dann nach dem Anderen beide waren da. Logisch, wie hätte ich mich vorhin auch abstützen können? Wie in Zeitlupe beugte ich mich nun nach vorne. Jetzt kam die Königdisziplin, das Aufstehen. Gefährlich kippte ich nach vorn.  Verdammt – wo war mein Gleichgewichtssinn hin? Der näher kommende Boden begann sich zu drehen.

Los, Gehirn! Stell scharf. Lass mich nicht auf Brennweite 16 sitzen. Krampfhaft versuchte ich die Augen offen zu halten und tatsächlich. Allmählich verschwanden die Farbflecken. Die Wand vor mir wurde langsam scharf und nach einer gefühlten Ewigkeit, hatte ich meinen Kopf soweit, dass er mich tatsächlich aufrichtete. Apropos funktionierende Sinne, hier müffte es. Mit einem Fuß tappte ich voran, der Boden wackelte noch bedenklich, doch ich schaffte es gerade so zur Fensterbank. Ein Glück sie war leer ansonsten wäre sie spätestens jetzt leer gewesen. Meine zitternden Hände griffen nach den Vorhängen. Leicht zog ich daran, nichts. Der Stoff zeigte sich unbeeindruckt und blieb noch genauso hängen wie einige Sekunden zuvor. Mist. Mehr Kraft hatte ich im Moment nicht, geschweige denn die Geduld. Da ertönte leises Gekicher unter mir und ein gewaltiges Ratsch war zu hören. Ich kniff meine Augen zusammen. Scheiße war das hell! Meine Netzhaut brannte. Konnte man von Sonnenlicht erblinden? Schnell drehte ich mich weg vom Fenster, das wiederum mochte mein Kopf gar nicht. Verdammt. Innerlich verfluchte ich Matthias dafür, dass er mich überredet hatte dieses Gebräu zu trinken….

Was war da nochmal drin gewesen? Scheiß drauf. Wenn die Leber versagte, hatte man laut Professor keine Schmerzen. Niere sowie Leberversagen scheinen die angenehmsten Organversagen zu sein, die der Körper so zu bieten hat. Mit einer Hand vor meinen Augen, mit der anderen suchend nach dem Fenstergriff tastend muss ich für den Irren in meiner Wohnung wahrscheinlich sehr lustig aussehen. Mittlerweile hatte ich einfach beschloßen nicht weiter nachzuforschen wer dort in meiner Wohnung umher wütete. Wenn derjenige sich zu erkennen geben wollte sollte er es tun, bis dahin war er lediglich ein Irrer für mich und entweder ich hatte Glück und er war mir wohl gesonnen oder ich würde demnächst in einem Sack entschlafen. Das Pochen fing wieder an. Gut, zu viel denken ging anscheinend noch nicht, da der Hebel. Ich ließ mich fallen. Mein gesamtes Gewicht drückte auf den Fensterhebel und es funktionierte. Kipp musste fürs erste reichen.

„Tatütata“, hörte ich jetzt wiede,r diesmal von noch weiter weg. Wer auch immer es war, er verstand es seine Mitmenschen eindeutig zu nerven, dass schaffte selbst Jim nicht. Höchstens meine Mutter oder…  Jesus Christus! Klein, Blond, nervte, trug etwas Rotes?! „Bitte nicht“, flüsterte ich. „Bitte, bitte. Lass es nicht war sein“ Ich tappte Böses ahnend mehr schlecht als recht in den Flur. Vor der Haustür quer in der Diele lagen ein grüner Anorak, lilafarbene Stiefel, ein dreckiger gelber Turnbeutel und jede Menge Wachsmalstifte. Meine Schwester…! Wie zur Hölle war sie hier rein gekommen? Wer außer mir hatte noch einen Schlüssel?! Kopfschmerzen waren vergessen. Die Übelkeit wurde sofort hinuntergeschluckt, zumindest fürs erste. Denn neben dem schwesterlichen Kleinchaos, kringelten sich bunte süß-sauer Schlangen um die Spüle herum, auf der Anrichte lagen ein paar angebissene Orangen und im Wohnzimmer ergoss sich eine Klamottenflut über den anscheinend wie auch immer nass gewordenen Boden. All das kandiert von einem geplatzten Tetrapack 1,5% fetthaltige H-Milch! „Was hast du da getan?!“, stieß ich wütend hervor.

Aus meiner gestrigen noch einigermaßen betretbaren Wohnung war innerhalb von nur wenigen Stunden oder viel mehr Minuten eine riesige Mülldeponie geworden. Ganz langsam drehte ich meinen Kopf immer noch völlig konstatiert gen Bad. Die Tür stand halb offen, einen weiteren Blick unterließ ich allerdings, wollte ich hier heute noch einigermaßen lebend herauskommen.

„Aufgabe“ erklang es fröhlich aus dem Wohnzimmer und dann rannte mir der Plagegeist direkt in die Kniekehlen. Ich grunzte wütend. Mein Aggressionspotenzial war von dem einer Fruchtfliege auf das einer sehr, sehr, sehr wütenden Hornisse gewachsen. Ein Stich und das Vieh wäre tot gewesen. „Still“ zischte ich nur und packte meine Schwester am Arm. Meine Schmerzen waren vergessen. Was Emotionalität doch so alles bewirken konnte. Die Kleine wollte aber nicht still sein. Weshalb auch? Sie strampelte und begann zu quengeln, schließlich schnappte sie nach meiner Hand. „Bestie“, knurrte ich und versuchte sie durch den Klamottenwust auf das noch freie Ledersofa zu schleppen. Das war Gott sei dank bis auf ein paar dreckige Schuhe verschont geblieben. Ich deponierte meine Schwester neben den Schuhen und blickte tief in ihre Augen. Ihr vor Zorn verzerrtes Gesicht wich der Grimasse eines traurigen Clowns. „Nicht bewegen“, zischte ich nur wieder und beherrschte mich gerade so sie nicht am nächsten Kleiderhaken aufzuhängen.

Stattdessen schaute ich mich weiter suchend um. Zumindest waren die Regale mit Büchern und CDs heil geblieben. Plötzlich fing meine Schwester an zu weinen. Meine Kopfschmerzen meldeten sich wieder. Ich hielt das nicht aus! Was sollte ich denn bitte jetzt machen? Warum weinte die?! „Okay, ruhig… ganz ruhig kleine Schwester. Ich bin dir nicht böse, nur überrascht gewesen.“, log ich um sie zu beruhigen, aber es bewirkte eher das Gegenteil. Sie brüllte noch lauter. „Na warte…“ Abermals glitt mein Blick suchend über das Chaos. Da. Ich stieg über die Milchpfütze hinweg. Mittlerweile musste es doch schon weit nach neun Uhr sein. Angestrengt reckte ich meinen Arm noch weiter nach vorn um die Fernbedienung zu ergattern. Zack, Schwupps. Auf den grünen Knopf gedrückt und schon erklang hinter dem Sofa fröhliches Gelächter aus dem Morgenland, in dem Winnie Puh und seine Freunde gerade aufwachten.

Meine Schwester war wirklich ein kleiner Plagegeist, ständig wollten sie Action. Ich versuchte zu blinzeln und tatsächlich – mein Blickfeld verschärfte sich immer weiter. Wie spät war es eigentlich wirklich? Ich suchte meine Wecker… 12:00 Uhr!? Verdammt. So spät schon? Schnell rannte ich in die Küche. In einer halben Stunde wollte Smilla vorbeischauen. Wie es hier aussah, wie der Blitz überall stapelte sich das Geschirr, der Mülleimer quoll über, und in der Mitte noch mehr verstreute Wachsmaler. Na toll… Wo sollte ich anfangen? Dann auf einmal  stürmte meine Schwester herein, entdeckte mich und klammerte sich an mein rechtes Bein. Dann rammte sie mir ihr Holzflugzeug in die Seite. Ich jaulte auf vor Schmerz „Du kleines Biest…“, fluchte ich.

„Aufgabe, Aufgabe“, plapperte sie bereits weiter. Ich runzelte die Stirn „Welche Aufgabe? Meine Wohnung zu verwüsten? Ja, dass hast du prima gemacht.“, fragte ich gespielt freundlich. „Aufgabe? Geheim!“, rief sie erneut und düste wieder mit ihrem Flugzeug fort. Soso… Wie auch immer… Erst ein Mal musste das Geschirr weg, ich konnte mir denken was sie wollte, aber erst musste aufgeräumt werden. Aus dem Wohnzimmer hörte ich sie über den Fernsehlärm rufen „Geheim, Geheim“. Schnell sortierte ich die Spülmaschine ein, plötzlich spürte ich einen fiesen Schmerz in der Fingerkuppe. Mist, jetzt hatte ich mich auch noch geschnitten. Ich drehte den Wasserhahn auf… Während die eine Hand nun unter dem Wasser hing, versuchte ich mit der anderen den überlaufenden Müll in den Eimer zu pressen. Hektisch schaute ich auf die Uhr, noch 15 Minuten Hilfe…. In 15 Minuten musste ich fertig sein und das Bett? Ach egal, da konnte ich die Tür zumachen, das musste warten. Eilig drehte ich den Hahn zu, so jetzt war fertig machen angesagt. Zähne putzen, Waschen, Haare machen.

Zwischendrin kam immer wieder meine kleine Schwester ins Bad und zog ständig an mir herum. „Aufgabe, Aufgabe!“, rief sie ständig. „Gleich“ erwiderte ich genervt. Mein Güte, konnte sie nicht einmal still sein? Ich hatte jetzt wichtigere Probleme. Wo war mein Lieblingshirt? In der Waschmaschine natürlich… Dann also ein anderes. Ganz hinten im Schrank entdeckte ich noch ein altes abgewarztes T-Shirt voller Farbflecken. Na toll… Mein Renovierungsshirt, egal besser als nichts. Wieder rannte ich in die Küche. Noch 5 Minuten. Mittlerweile schleuderte meine Schwester die Wachsmalstifte in der Küche herum. „Jetzt reicht’s!“ , rief ich sauer. Mein Gott, konnte sie nicht einmal leise sein! Was war bloß mit ihr los, sie war doch sonst nicht so. Mein Kopf hielt das nicht aus. Wo war das Aspirin…? Und ich hatte Hunger! Ahhh… In dem Moment ging mir ein Licht auf. Meine vorherige Vermutung verwarf ich… Meine Schwester hatte Hunger! Natürlich, sie war mindestens schon seit 8 Uhr wach. Ich Idiot! Okay, was war denn noch da… Toast und Milch nicht viel, aber es reichte. „Hedda!“ rief ich. Sie kam angerannt. „Aufgabe? Geheim!“ Rief sie wieder. Ich lächelte… „Armer Ritter kommt sofort“, ich reichte ihr den Teller. „Und die Aufgabe?“, fragte ich? Sie schnappte mir den Teller weg. „Gelöst!“ erwiderte sie bloß mit vollem Mund.

Ende

 

22. Türchen:

59. „Gib mir fünf Gramm Wahnsinn“ -Pulp Fiction/ Teil 1

„Komm schon Mia, dass wird lustig“, rief Zack und zog mich in die bunte Menschenmasse hinein. Meine Versuche ihn abzuschütteln waren seit Ankunft gnadenlos fehl geschlagen wie auch jetzt. Schließlich gab ich es auf und gab nach. Sollte er mich doch hinbringen wo er wollte. Ich würde ihm jedenfalls klar machen, dass ich weder Lust auf irgendwelche rotierenden oder sich überschlagenden Erlebnisse hatte. Nur war Anbrüllen bei dem Tempo was er vorlegte gar nicht so einfach, weshalb ich nicht nur ständig gegen mir entgegenkommende Passanten lief sondern auch noch immer näher an den Tower kam und ehe ich mich versah stürmte mein bester Freund mit einem solchen Elan durch die Schranke um mich mit einem gewaltigen Ruck mich neben sich zu katapultieren. Die Stimme des zuständigen Security-Mannes wurde von den nun einsetzenden und völlig übersteuerten Boxen übertönt aus denen laut das Main Theme von Beverly Hills Cop plärrte. Was ich allerdings vermutete war dass er lediglich auf null hinunter zählte, denn plötzlich begannen sich die Bügel zu schließen und ich saß fest. Im schrecklichsten Fahrgeschäft unter der Sonne. Stink wütend schleuderte mein Kopf herum und rüttelte am Bügel, vergeblich. „Du, ich hab doch gesagt…!“, setze ich an wurde aber sofort unterbrochen „Dass du aber nie Spaß haben willst… „Spaß wird überbewertet erwiderte ich über den musikalischen Lärm hinweg schreiend. „Dann sieh es nicht als Spaß sondern als ein Selbstexperiment, was dich in eine andere Dimension katapultieren wird.“ Er lachte: „Komm schon wart’s ab!“

Anstatt mich aber dabei anzuschauen wich er meinem Blick aus und schaute mit leuchtenden Augen sowie voller Vorfreude gen Himmel. Ein vierjähriger der sich erhoffte Santa Claus und Rudolph in der Weihnachtsnacht zu sehen, wirkte dagegen fast schon depressiv. Beleidigt verschränkte ich die Arme, half gegen den Beginn der Höllenfahrt allerdings auch nicht. Denn bevor ich weiter über die Sache mit dem Experiment nachdenken könnte setzte sich die gesamtePlattform mit einem heftigen Ruck in Bewegung Richtung Himmel. Ich schrie erschrocken auf, er wusste doch dass ich Höhenangst hatte… Leise fluchte ich in mich hinein, bloß nicht nach unten schauen, bloß nicht nach unten schauen. Mach die Augen zu, befahl ich mir innerlich nur um sie kurz danach wieder erschrocken aufzureißen. Das war eine ganz schlechte Idee gewesen. Mein Magen drehte mit zunehmendem Fahrtwind um. „Du bist doch völlig wahnsinnig“ brüllte ich ihn an. Mittlerweile waren wir ganz oben angelangt und vor mir erstreckte sich ein unendlicher Ozean aus Lichtern, Miniaturmenschen sowie den typischen Gerüchen des Jahrmarktes. Fast schon romantisch mit der untergehenden Sonne im Hintergrund, wenn ich hier nur nicht drin sitzen würde. Aber egal wie laut ich zeterte und strampelte er reagierte nicht. Mir wurde schwindelig.

Dann wurde ich auf einmal ganz ruhig, ob dass nun an der beginnenden Schockstarre lag wusste ich nicht, aber was ich wusste war dass sämtliche meiner Körperteile stocksteif geworden waren und ich mich immer mehr in die Rückenlehne presste. „Du Volligiot, wenn wir wieder unten sind….“ murmelte ich. Einige Leute neben mir kicherten hysterisch, fast kam es mir so vor als würden sie mir zustimmen wollen. Wenigstens war ich nicht die Einzige die durchdrehte. „Na gefällt’s dir?“, kam es nun von der Seite. „Nein“, entgegnete ich eisern. „Lüg doch nicht, ich hab gesehen das du vorne hin kurz gelächelt hast“ er widerte er glucksen und strampelte fröhlich mit den Beinen. Nur bevor ich ihm etwas böses entgegnen könnte begannen wir uns auf einmal ganz langsam zu drehen, gefolgt von einem leisen Klick und die Welt stand still. Aber nur für einige Millisekunden, denn dann stürzten wir urplötzlich in die Tiefe. Ich schrie, die anderen schrieen ebenfalls. Oh Gott war das eigentlich normal? So schnell? Wie ein Blitz durch zuckte mich der Gedanke, dass dies hier gerade meine letzen Sekunden meines noch zu jungen Lebens sein musste. Ich würde sterben, hier und jetzt auf der Stelle. Unfähig nach unten zu schauen merkte ich nur wie sich mein Magen immer mehr Richtung Kehlkopf bewegte. War. mir. schlecht. Darüber könnte weder der unglaublich erfrischende Fahrtwind der meinen Angstschweiß trocknete noch die Schwerelosigkeit hinweg täuschen. Wie sich wohl Astronauten beim Start eines Space Shuttels fühlten? Auf jeden Fall so ähnlich das war sicher.

Ganz vorsichtig spähte ich zur Seite der Erdboden war jetzt verdammt nah, gleich würden wir aufprallen. Jetzt schrie ich wirklich aus Leibeskräften wollte ich doch jedem klar machen was hier grausames passierte. Zumindest sollten meine letzen Gedanken an meine Familie gehen, immerhin hatten sie diese Aktion auf den Jahrmarkt zu besuchen von Anfang an nicht gut geheißen. Bereit jeden Moment am Boden zu zerschellen kniff ich jetzt doch lieber die Augen zu. Ganz fest. Wirklich erpicht darauf die entsetzen Gesichter der umstehenden Passanten zu sehen war ich nicht wirklich. Wie fühlte sich dass eigentlich so an? Wie erschlagen werden? Ob Zack im Moment das Selbe dachte? Vor wenigen Sekunden hatte er nicht besonders beunruhigt ausgesehen, er hatte seinen Spaß. Dass dieser jetzt tödlich endete verdrängte er wohl gekonnt. Und dann, ohne Vorwarnung oder vorherige Anzeichen ging ein schmerzender Ruck durch meinen Körper.

Was war los? War ich tot? Nein ich konnte noch denken… Also was war anders. Richtig, wir vielen nicht mehr. Wir hatten angehalten. Halleluja sie hatten es geschafft. Wir waren gerettet. Gott sei Dank. Erleichtert öffnete ich die Augen wir hingen gute zwei Meter über dem Erdboden, war dass knapp gewesen. Vorsichtig schaute ich mich um. Viele unserer Mitfahrer sahen allerdings so aus, als ob sie den Spaß ihres Lebens gehabt hatten. „Wie lange es wohl dauert bis die eine Leiter auftreiben können…“, murmelte ich halblaut. Wobei das Halblaut wohl für Zack sehr laut war denn er prustete los und drehte seinen Kopf grinsend zu mir „Wieso Leiter?“ Irritiert sah ich ihn an, war er manchmal wirklich so blöd oder tat er nur so? „Na irgendwie müssen wir doch herunter kommen“. Als ich dass aussprach lachte er noch mal, dieses Mal bekam er sich gar nicht mehr ein. In dem Moment ging abermals ein Ruck durch uns hindurch und das Ding setzte sich abermals in Bewegung. Nur entgegnen meiner Erwartungen nicht nach unten sondern nach oben. Die Igiodten hatten das Ding angehalten, und fuhren uns wieder rauf? Waren die Irre?

„Warum fahren uns die wieder rauf?“ donnerte ich meinem mittlerweile ehemaligen besten Freund gegen den erneut aufkommenden Fahrtwind an. „Warum? Meinst du das ernst? Das ist doch der Sinn des Ganzen. Sag bloß du wusstest dass noch nicht?!“ Jetzt bekam er vor Lachen fast keine Luft mehr und wären die Bügel nicht gewesen wäre er garantiert in die Tiefe gefallen. Jetzt gerade hätte ich aber auch nichts dagegen einzuwenden gehabt. „Man fährt hoch und dann fällt man!“ Schrie er weiter zurück. Weiter kam er nicht, denn nun fielen wir erneut nicht von ganz oben wie beim ersten Mal dennoch immer noch hoch genug um mir angst einzujagen. Ich schrie wieder. Was war das hier für ein krankes Spiel? Dass machte doch keinen Spaß! Dieses Mal versuchte ich mich so klein wie möglich zu machen, ich hatte noch nie an Gott geglaubt, war ich doch in eine atheistische Familie geboren worden aber jetzt schickte ich mein erstes, wahrhaftiges Stoßgebet gen Himmel. Du lieber heiliger Geist falls es dich wirklich gibt mach bitte bitte das es aufhört! Dachte ich immer wieder.

Inzwischen stiegen wir wieder und dann spürte ich wieder wie mein Magen sich gegen meine Kehlkopf drückte und ich wiederholt vom sitz abhob. Dann bremsten wir wieder hart ab, doch statt abermals zu steigen glitten wir langsam weiter nach unten, um schließlich zum Stehen zu kommen. Lass es bitte, bitte vorbei sein flüsterte mein Bewusstsein wie verrückt auf mich ein, wobei ich mich gleichzeitig darüber wunderte was ich denn auch hätte tun sollen wenn es nicht vorbei gewesen sein könnte. Immerhin saß ich genauso hinter den Sicherheitsbügeln fest wie mein liebes Denkvermögen oder auch nicht, denn plötzlich glitten die Bügel nach oben und mein völlig durchgeschwitzter Rücken löste sich sofort von dem schwarzen Polyestersitzen. Oh Vater sei dank! Ich keuchte, war ich doch noch völlig fertig. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, aber neben meiner Angst und der Freude dass es vorbei war mischte sich doch noch irgendein anderes Gefühl darunter, benennen konnte ich es nicht wirklich. Vielleicht ein gewisses Bedauern, dass es vorbei war?

Der Adrenalinkick war unglaublich gewesen ebenso wie die Angst. Ich strafte mich, trotzdem nie wieder würde ich da rein gehen. Nie. Nie. Wieder. Auch wenn meine Gefühle jetzt aus purem Glück bestanden. Unauffällig schlich ich zu der nächst besten Bank. „Du dachtest echt wir stürzen ab?“, kam es kichernd von hinten. Trotzig verschränkte ich meine Arme vor der Brust. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich noch nie auf dem Jahrmarkt war“, schnauzte ich ihn an. Als Antwort erntete ich lediglich einen fassungslosen Blick. „Herrlich… und das ist kein Scherz?“ Ich begann zu kochen: „Nein das ist kein Scherz, ich wäre da oben fast gestorben und du findest das lustig?“ brüllte ich jetzt. Er nickte, „und ob“. Er fing wieder an zu lachen. Als er allerdings meinen Blick bemerkte blieb im sein Lachen im Halse stecken. „Och, komm schon. So schlimm war es doch gar nicht, gib’s zu du hattest ein geiles Gefühl danach!“ Diese Adrenalinkicks sind unglaublich!“ Dabei bekam er wieder seinen typisch schwärmerischen Ausdruck in den Augen. „Pah“ schnaufte ich nur. Ein bisschen hatte er ja schon Recht, aber würde ich das nie zugeben. „Hey, ich mach dir einen Vorschlag, du fährst mit mir noch mal das Ding und dann hast du einen Wunsch frei, Deal?“ Jetzt grinste er nicht mehr, sondern lächelte schief.  „Ähm, nein?“ rief ich wieder.

Der Typ war wirklich schwer von Begriff „Um da wieder rein zu gehen muss man wahnsinnig sein!“ Bei diesen Worten wechselte sein Lächeln gegen den Hundeblick wie ich es hasste. Seine Geheimwaffe, nicht nur bei mir sondern bei jedem Mädchen. „Komm schon… zwei Wünsche“, er schüttelte seine Haare aus dem Gesicht und legte dabei den Kopf schief. Verdammt, er wusste wie er mich rumkriegte. Ich musste hart bleiben. „Ich hätte eine Portion Wahnsinn für dich, und drei Wünsche…“ Er wedelte mit der Hand vor meinen Augen hin und her, um mich dann sofort wieder mit seinen Hundeblick anzuschauen. „Bitte…“, quengelte er mit einem Schmollmund. Ich stampfte wütend auf. Wie schaffte er das bloß, jedes Mal bekam er mich damit. Mist. Drei Wünsche ohne Einschränkungen waren aber auch zu schön… „Na gut, aber nur weil du es bist“, ich seufzte wusste ich jetzt schon dass ich es bereuen würde. „Gib mir fünf Gramm Wahnsinn!“ Ich machte die Hand auf und schaute ich an. Seine Augen leuchteten. „Yes“ rief er und tanzte dabei im Kreis. Ich beobachtete ihn mürrisch. „Und die drei Wünsche gelten vollkommen uneingeschränkt?“ fragte ich scheinheilig. „Ja, hab ich doch gesagt“ er fasste mich wieder am Ärmel. „Na dann los!“ Dieses Mal ließ ich mich mitziehen… Rache war schließlich Blutwurst!

Ende

21. Türchen:

50. „Schlafend zu sterben ist ein Luxus, der uns nur sehr selten gewährt wird.“ -Kill Bill – Volume 1/ Teil 2

„Kommt rein, kommt, rein!“ wurden sie weiter hinein gedrängt, und wie der Blitz waren die beiden nicht nur ihre klatschnassen Hüte, Schals und Mäntel los  sondern hatten in Windeseile jeweils ein Paar Hausschuhe verpasst bekommen wie nur noch ein halb volles Glas Punsch. Denn Heather jagte wie ein Wirbelsturm in seinem Element durch das gesamte Zimmer um ihrer Bestimmung der perfekten Gastgeberin alle Ehre zu machen. So wunderte es keinen, dass der unglücklich verschüttete Eierpunch in null Komma nichts aufgewischt worden war und die zwei gerade Eingetroffenen nun endgültig mit einem vollen Glas auf der alten, grünen Couch saßen. Vor ihnen ein akkurat gedeckter Plätzchenteller, allesamt natürlich selbst gebacken, sowie herrlich schmeckend. Zumindest ließ darauf das sehr deutliche Schmatzgeräusch von Archie schließen.. „Heather nicht so stürmisch“ grummelte Henry wieder und legte vorsichtig die Beine hoch um nicht noch einmal das Hausinferno zu entfachen. „Du weißt doch, deine Frau möchte für dich eben nur das Beste“, knurpste der jüngere zwischen dem dritten viel mehr vierten Mince Pie.

Dann wurde es still. Archie lag zufrieden lächelnd in einer Art Kekskoma und Henry war eindeutig zu erschöpft um begnadete, weihnachtsphilosophische Gedanken zu äußern. Zu sehr war er immer noch mit dem Umstand beschäftigt, weshalb sie so früh aus der Fabrik entlassen worden waren. Gerne hätte Henry seine Frau noch einmal angebracht begrüßt, doch die war nach ihrem stürmischen Aufritt schon wieder im Nirvana verschwunden. So zog sich der Augenblick des Genusses bis sich die Tür der Küche erneut öffnete, dieses mal allerdings nicht wie vom Blitz getroffen sondern langsam und bedächtig. Heraus geschritten kam Margret, eine Dame mit schlohweißem Haar, krummen Rücken und so viel Falten im Gesicht, dass man sie in Familienkreisen auch gerne liebevoll die „Schildkröte“ nannte. Dennoch, trotz ihres Rücken, brauchte sie weder einen Stock noch sah sie aus als ob sie Schmerzen leiden müsste. All den Erwartungen widersprechend, trug sie sogar den vollständigen Kronleuchter allein, zwar mit beiden Händen doch das Gedeck schleifte weder auf dem Boden noch verrutschte es.

„Margret“, fuhr es aus Henry heraus, „Lass mich das doch tun. Du holst dir doch nur noch mehr Rücken.“ Lachend schüttelte die ältere Dame den Kopf, „Bleib du nur mal bei dem Keksmonster und pass auf, dass einige Mince Pies noch zur Bescherung reichen. Ich habe nämlich nicht mehr so viele…“ Mit den Worten stieg sie auf einen kleinen Schemel, anschließend auf einen der antiken Holzstühle um schließlich den sagenhaft, silberglänzenden Kronenleuchter inklusive Gedeck perfekt mittig auf der Tafel zu platzieren. „Gibt es einen Grund, weshalb du und Archie schon so früh zurück seid?“, fragte sie beiläufig, als sie sich vorsichtig zurückzog vom Stuhl auf den Schemel und dann zurück auf den sicheren Dielenboden. Der jüngere zog nachdenklich die Schultern hoch „Ob du es führ wahr hälst oder nicht, aber wir wurden tatsächlich offiziell von Mr. Huskin früher entlassen.“ „Früher entlassen?“ Besorgt zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, so wie es auch Heathers stets taten, wenn sie scharf nachdachte. „Wurde euch ein Grund genannt?“ „Außer dass Weihnachten ist nicht, nein. Mr Huskin hat sich auch nichts weiter anmerken lassen oder blieb gar länger um ihn zu fragen. Alles sehr mysteriös…“ Henry kippte immer noch in Theorien versunken seinen Kopf von rechts nach links und wieder zurück.

„Sonderbar.Wie sonderbar, murmelte Margret.“ vielleicht weiß Graham mehr.

„Oh wie wunderbar“ hörte man nun den mittlerweile wieder erwachten Archie sagen, wobei er weniger den Leuchter meinte als den inzwischen kälter gewordenen Punsch meinte, der, das musste Henry zugeben, dieses Jahr besonders gut schmeckte, denn seiner war bereits leer. Das Familiengeheimrezept tat immer gut egal ob bei Krankheit oder freudigen Ereignissen des Jahres… Sobald die Selle die pure Essenz der dort drin steckenden Liebe aufgesogen hatte ging es der Haut und Knochen Augenblick wieder gut. Margret lächelte „Es gibt Nachschlag, wenn sich der werte Herr umziehen würde, es wird Zeit…“ Henry zückte sofort seine Taschenuhr, wie spät war es denn geworden? Beim Erblicken der Zeiger sprang er wie von einem Grinch gestochen auf, fegte fast die gesamte Gebäckkollektion vom Tisch und wollte gerade erneut ein „Himmel Herr…“ ausrufen, als Heather aus dem Keller kam, erneut in die Stube rauschte an ihm vorbei und nur noch rufen konnte „Schatz.. du musst dringend damit aufhören!“. „…Und du bleibst bitte mal stehen“, rief er ihr hinterher, hechtete einige Schritte nach vorn und gab ihr noch gerade so einen zarten Begrüßungskuss. So viel Zeit musste sein.

„Oh, ich dachte… na dann störe ich mal nicht weiter…“, unterbrach Margret die Szene von hinten wobei sie sich schon wieder zurückzog als Heathers Blick vorbei an Henrys Oberarm glitt, auf den Gebäcksteller… „Warte Mom, schau doch bitte nach den Mince Pies. Ich habe gerade zwei Bleche in den Ofen geschoben. Ich versuche Graham zu holen…“ mit diesen Worten entschwand sie sich Henrys Umarmung und huschte bereits wieder schnell wie der Blitz die Treppe hoch. Betreten stand er ein wenig verloren in der Küche, was musste er auch eine solch perfektionistische Perfektionistin geheiratet haben. Dieses Fest wäre auch ohne fünf Gänge Menü sowie 6 Bleche Gebäck perfekt geworden. Schließlich war Weihnachten, das Fest der Liebe, da konnte doch gar nichts schiefgehen. Leicht beschwingt vom nun dritten Eierpunsch machte sich Henry auf um sich endlich eilends umzukleiden. Die Besorgnis war wie weggewischt…

Einige Minuten später, Henry hatte sich gewaschen, rasiert sowie frisiert, kehrte er in seinem besten Anzug ins große Wohnzimmer zurück. Doch statt reges Treiben wie noch vor seinem Badbesuch herrschte Grabesstille. Verdutzt bemerkte er wie alle um Archies Vater Graham herum standen und gebannt in den von ihm gehaltenen Daily Telegraph starrten. Seit wann trugen die Zeitungsjungen eine zweite Ausgabe am selben Tag aus? Erleichtert, dass Graham nichts geschehen war, räusperte sich Henry leise und trat näher um seiner kreidebleichen Frau über die Schulter zu schauen. „Was ist den passiert?“ fragte Henry beherzt, denn normalerweise brachte niemanden seine Familie so aus der Fassung. Es dauerte einige Sekunden bis Lini, Archies Frau, Henry die Zeitung so in seine Richtung drehte, dass er auch ohne Brille etwas lesen konnte. Wobei, dass was dort geschrieben stand in großer schwarz fett-gedruckter Frakturschrift hätte selbst ein Blinder entziffern können. „Richard Cory went home last night and put a bullet through his head.“ prangte dort. Fast die Hälfte des A2 Blattes nahm die Überschrift ein darunter sah man lediglich ein arg verwackeltes Foto eines menschlichen Torsos. Henry schnappte erschrocken nach Luft. War das etwa möglich? Konnte das sein? Sein ehrenwerter Unternehmer, der ehrenwerte stets höfliche und zuvorkommende Richard Cory, der Cory sollte Suizid begangen haben?

„Das ist doch bestimmt eine Falschmeldung!“, stieß er immer noch völlig fassungslos ein. Sein bester Freund schüttelte den Kopf. „Leider nein, der Junge kam gerade erst vor drei Minuten…“, antwortete Archie ebenso fassungslos. „Unglaublich, völlig irrsinnig und das an Weihnachten“, flüsterte Archies Vater. Ihm war der Schock sichtlich anzusehen, schließlich hatte er Cory höchst persönlich noch als Kind gekannt. „Aber, aber wann soll das den passiert sein..?“, stotterte nun Lini los, die allerdings nicht allzu aufgelöst aussah. Auf diese Frage konnte selbst der Artikel nicht wirklich Auskunft geben doch sofort riefen, spekulierten, mutmaßten und diskutierten alle maßlos durcheinander. Das ganze wuchs zu einem einzigen Crescendo an und kurz bevor es seinem Höhepunkt erreichte, stieg Margret erneut vom Boden, auf den Schemel und dann auf den Stuhl um energisch das Wortgemenge mit Hilfe der Tischglocke zu unterbrechen…

„Ruhe meine Lieben! Ich weiß dies ist ein sehr schwerer Augenblick für alle von uns“, dabei beobachtete Henry wie Lini gefährlich von ihr fixiert wurde… „…doch denke ich sollten wir uns von dieser dennoch schrecklichen Nachricht die Feierlichkeiten nicht verderben lassen. Möge der junge Herr in Frieden ruhen und nun lasset uns zu Tische eilen bevor das Essen kalt wird…“

Nach Beendigung des kleinen Appells blieben alle wie angewurzelt sowie stumm stehen und beobachteten voller Interesse wie Margret wieder auf den Boden zurück kehrte und sich schließlich auf einen der Stühle setzte. „Sie hat recht“, murmelte Heather und schloss sich ihr an und nach und nach füllte sich die Tafel mit den restlichen Teilnehmern des Abends.

„Schlafend zu sterben ist ein Luxus, der uns nur sehr selten gewährt wird.“ hörte er Margret sagen. „Und ich habe mir immer gewünscht Richard Cory zu sein“ flüsterte Archie. „Wer nicht, wer nicht?“ antwortete Graham und steckte sichtlich betroffen eine Pfeife an. Sofort schaute ihn seine Frau streng an und er machte sie schuldbewusst eilends wieder aus.

Lini räusperte sich: „Ich möchte ja nicht unhöflich erscheinen, doch fehlt nicht noch etwas?“ Damit deutete sie auf den großen noch leeren Fleck auf der bereits reichbestückten Tafel.

„Himmel, Arsch und Zwirn! Der Truthahn“ rief Heather erschrocken aus und stürmte, mit einer theatralischen Mine und Gestik aus dem Wohnzimmer. Dies zauberte allen ein kleines Lächeln in ihre müden und zweifelnden Gesichter. „Schatz kein Fluchen!“, setze Henry immer noch schmunzeln hinterher.

Ende

20. Türchen:

50. „Schlafend zu sterben ist ein Luxus, der uns nur sehr selten gewährt wird.“ -Kill Bill – Volume 1/ Teil 1

Dreimaliges kurzes, schrilles Klingeln. Henry hob fragend die Augenbraue, dann schaute er skeptisch auf seine Uhr. Ging sie falsch? Aber nein, dass konnte nicht sein. Er pflegte seine Uhr regelmäßig. Putzen, Dichtung regelmäßig eigenhändig wechseln und das trockene Samtbett in der speziellen Truhe von seinem ehrenwerten Vater Sir Alfred konnte unmöglich die Uhr verschleißen. Er heize nur für sich selbst im Sommer! skeptisch drehte er sich zu seinen Kollegen. „Es ist zu früh, warum läutete die Klingel?“, fragte Henry hoffnungsvoll. Vielleicht war seine gute Wegbegleiterin doch noch völlig intakt.

„Vielleicht ein Versehen…!“, kam es aus der hinteren Ecke. „ In den ganzen 30 Jahren die ich arbeite gab es hier noch nie ein Versehen!“ erklang es gleichzeitig aus dem hinteren Teil der Halle.

„Was ist es dann…?“ fragte Henry immer noch leicht beunruhigt. „Sehen Sie doch, Mr. Huskin!“ Sobald die letze Silbe von Hus-kin ausgesprochen worden war erstarb augenblicklich das Getuschel in dem alten Fabrikgemäuer und gut 260 Augen blickten wie auf Knopfdruck mechanisch nach oben auf die Seitenbrücke, auf der nun ein kleiner, kräftiger Mann in einem dunkelroten Anzug und Backenbart erschien. Seine Koteletten waren ordentlich gestutzt, was selbst der kurzsichtigste aller Arbeiter intuitiv wusste. Mr Huskin war für seine Akkuratheit und Pünktlichkeit berühmt sowie berüchtigt. Gemächlichen Schrittes ging er auf die Mitte der Brücke zu und wandte sich dann abrupt an seine Untergebenen, die immer noch in einer gewissen Habachtstellung verharrend seinen Bewegungen folgten. Als sich Mr. Huskin ganz sicher sein konnte, dass auch wirklich alle Aufmerksamkeit ihm galt, klatschte er in die Hände und rief…

Gentleman!,

ich darf ihnen versichern es gibt keinen Grund zur Sorge,es hat alles seine Richtigkeit. Aufgrund des schweren Schneetreibens hat Mr. Cory per Telegramm bestimmt, dass sie nun, verehrte Angestellt,e zwei Stunden früher die Fabrik verlassen dürfen. 

Die Instanz, ich und Mr. Cory wünschen ihnen allen fröhliche Festtage und ein fröhliches Neues Jahr. Kommen sie gut Heim und Vorsicht auf den Straßen!

Noch bevor seine Worte vollständig verklungen waren, drehte er sich wieder in die Richtung aus der er gekommen war und verschwand schließlich schnelleren Schrittes hinter einer grauen Gittertür, die mit einem leisen Klack ins Schloss viel. Darauf folgte fast schon beklemmende Stille, doch dann klatschte jemand wie Mr. Huskin in die Hände und nach und nach erfüllte der sich immer weiter steigernde Beifall die gesamte Manufaktur. Ein Beifall, den London selbst nach der vor Jahren statt= gefundenen Houdini Show noch nie gehört hatte. Wer ein wenig gebildet war musste in diesem Moment Angst haben, dass ihm nicht die Decke auf den Kopf fiel… und tatsächlich manche Gesichter sahen definitiv das Gegenteil von erfreut aus, denn die Arbeiter der Mr. Cory Investigation of Wegdwood from Roxburghshire waren die wohl bestausgebildetsten, ehrenwertesten sowie tatkräftigsten Arbeiter des gesamten Königreiches. Henry dagegen schaute weder besorgt noch erfreut an die Decke oder gen Ausgang. Sein Blick haftete immer noch äußerst nachdenklich an der grauen Metalltür. Mr. Cory war zwar ein sehr rechtschaffener Unternehmer und für seine Edelmütigkeit bekannt, aber ein früherer Feierabend? Dass hatte es tatsächlich noch nie gegeben. Da war er ganz sicher in all den Jahren, die er sowie sein Vater und Großvater gearbeiteten hatten stets wurde pünktlich, doch nie überpünktlich geschlossen. Ob das wirklich alles seine Richtigkeit hatte? Er war immer noch skeptisch.

„Heureka Henry! Komm du alter Miesepeter, wir müssen uns beeilen, sonst sind die ganzen Straßen verstopf und bleiben mitten im Sturm stecken!“ „Warte ich komme gleich nach“ murmelte er selbst in sich halb hinein, halb nach außen und bahnte sich bereits einen Weg zur eisernen Treppe, die nach oben auf die Brücke führte, wo ihr Aufseher gerade noch gestanden hatte.

„Ach Henry, wann fängst du mal an nicht alles zu hinterfragen, man könnte glauben du hättest die gute Meinung über Menschen verloren“ neckte ihn sein Freund, und packte ihm beim Arm und zog ihn ungeduldig in Richtung Außenwelt. Henry ließ ich widerwillig mittreiben. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Findest du nicht auch, dass Mr. Huskin etwas bleich aussah?“ Archie sah ihn ärgerlich an, „Nein Mr. Huskin sah ganz normal aus… Wie immer sozusagen und jetzt schau mich nicht an sondern schau auf den Boden, sonst rutscht du mir noch aus“ feixte Archie. Das waren die letzten Worte, die Hernes bester Freund für die nächste Stunde wechseln sollte. Es hätte Henry nichts ausgemacht, wenn Archie genauso ein schweigsamer Zeitgenosse wie er selbst gewesen wäre, doch das war Archie nicht. Ganz und gar nicht. Also musste er selbst nachdenken oder war sauer, letzteres war aber eher unwahrscheinlich. Nicht an Weihnachten, das Fest der Freude. So oder so hätten sie vermutlich wenig Worte miteinander gesprochen, denn das Schneegestöber war mittlerweile so dicht und stark, das sie sich regelrecht nach Hause durch die Straßen kämpfen mussten.

Sie waren so beschäftigt damit, nicht auszurutschen oder gar weggeweht zu werden, dass sie fast am kaum noch zu sehenden Hauseingang vorbei gelaufen wären. Nach mehrmaligen äußerst holprigen Versuchen das eingefrorene Gartentor zu überwinden, griff Archie schließlich in seinen Mantel und holte sein Taschenmesser hervor. Minuten später und vor allem mindestens ein dutzend Eiskristalle im Bart reicher, erreichten die zwei Gefährten den schützenden Vorsprung der Haustür. Nun bestand die nächste Hürde darin das ebenfalls verschneite Haustürschloss freizulegen… Denn weder Archie noch Henry kamen mit dem Schlüssel in die Nähe des rettenden Türmechanismus, zu gefroren waren ihre Hände.

„Himmel, Ar….“ „Mein lieber Herr an Weihnachten wird nicht geflucht!“, wurde er plötzlich von einer sowohl bekannten als auch sehr strengen Stimme unterbrochen. Erschrocken blickten die zwei auf. Doch außer dem Hausvordach und weißem Schneegestöber, das ihnen sofort in die Augen fiel, erkannten sie nichts und niemanden. „Heather macht euch auf!“ , folgte und damit hörten sie ein dumpfes Krack und es herrschte wieder das Heulen des sich nähernden Sturmes. Mittlerweile war es so kalt, dass sie ihre Glieder nicht mehr spürten zumindest die bis zu den Knien und Ellenbogen reichten. „Hoffentlich frieren wir uns hier nicht noch etwas tot“, witzelte Archie gerade halb im Scherz als in dem Moment die Haustür schlagartig aufgerissen wurde und das sich ergießende warme Licht die zwei zugeschneiten Gestalten arg blendete. „Schnell, schnell was steht ihr denn hier so rum?! Hinein mit euch! Oder wollt ihr euch und uns den Tod holen?“ Wurden sie ruppig begrüßt und mit sofortiger Reaktion fast schon ins Innere gezerrt. In der warmen Stube angekommen, die Kleider waren nun mehr nass als gefroren, wurde ihr Geruchssinn gerade zu überwältigt mit köstlichen Proben des bevorstehenden Festessens: Turkey, Erdäpfel, Backpflaumen, Plumpudding und konnte das sein….? „Der Eierpunsch ist fertig“ , ertönte es aus der Küche und mit dem öffnen der Türe roch es nun nicht mehr nach den Hauptkomponenten des Mahles sondern nun kamen die feinen Nuancen wie der Rosmarin, Frois Gras oder auch der Scotchgeruch hinterher gezwitschert…