Was für ein Monat. Ich weiß ich schreibe das seit Oktober irgendwie jeden Monat, aber warum muss auch soviel passieren. Ich meine, auf der einen Seite ist es natürlich schön auf der anderen Seite muss ich dann so viel aufschreiben. Ich bemerke auch gerade erst jetzt, dass ich nur noch fünf Wochen habe. Ob das gut oder schlecht ist, weiß ich allerdings noch nicht. Wer mich auf Twitter verfolgt oder ich ihn zwangsweise ungefragt bombardiere weiß, dass dieser Monat recht explosive Phasen hatte. Lag schlichtweg daran, dass unser Museum zwecks Ausstellungswechsel zwei Wochen lang geschlossen war und wir eine Woche lang hardcore renoviert haben und die andere Woche die Ausstellungsstücke aufbauen durften. Nicht sonderlich witzig kann ich euch sagen, aber fangen wir langsam an. Der Monat begann erst einmal mit einem Besuch in dem Museumsarchiv, welches am anderen Ende der Innenstadt liegt. Da ich immer noch scharf auf kostenlose Bustickets war und die Fahrkarten zum Archiv vom Museum gesponsert werden nehme ich mir jedes Mal fest vor dort hin zu laufen. Es ist machbar, aber laufen nennt sich das nicht mehr. Es ist vielmehr eine Wanderung, weshalb zeigt mein Navigationsgerät eigentlich keine Höhenmeter an? Es fängt perfiderweise mit einem sehr langen Stück bergabwärts an, da ich ebenfalls auf einem Hügel wohne und steigt dann aber um so steiler an. Was das ganze dann jedoch ein wenig abgemildert hat war, dass ich auf dem Weg durch eine Art Wald/ Nationalpark wandern durfte. Sehr schön, sehr einsam (wenn man die Gärtner nicht mitrechnet) und sehr überraschend. Dort wachsen nicht nur Laubbäume, nein auch gibt es dort einen kleinen Trail für die ansässigen Islandpferde sowie einen riesigen Stausee.
Das Archiv ist an sich nicht wirklich erwähnenswert. Es steht jede Menge abgefahrenes Zeug herum, was noch abgefahrener wäre, wenn es nicht in Noppenfolie stecken würde. Was nicht gerade zu groß für die Kartons, Regale oder Schubladen ist wird dort drin verstaut. Das Herumstöbern macht Spaß als Archivfotografin tauge ich allerdings weniger. Nicht weil ich nicht fotografieren könnte, nein ich bin meist schlichtweg zu klein für die monströsen Poster oder Modelle, welche die Künstler so fabriziert haben. Da helfen weder Stuhl noch anderes Mobiliar. Wobei ich schon arg schlucken musste, als mir die Archivarin mal eben ihre Kamera in die Hand drückte. Einer dieser herrlichen Spiegelreflex-Kameras mit tausend Optionen… Wie gut, dass der Autofokus an war. Ob die Fotos allerdings wirklich etwas geworden sind werde ich wohl nie erfahren. Zu Gesicht bekommen habe ich sie nämlich nicht mehr. Eines noch, weshalb benutzt man Seidenpapier zum Verpacken von Dingen? Einmal eingepackt, kann man die doch nicht mehr entpacken?! Ich habe schlicht weg über zwei Stunden damit verbracht, das Seidenpapier nicht zu beschädigen. Letztendlich habe ich einfach aufgegeben, weil es mir nicht möglich war. Das Einpacken dafür war die Hölle. Wer braucht schon Texttafeln in einer Größe von 1×2 Metern, die natürlich auf keinen Fall dreckig werden dürfen?!
Hatte ich schon erwähnt, dass ich tierische Kopfschmerzen von Archivluft bekomme? Oder dieser typisch staubtrockenen Luft in Shopping-Malls? Ich sehe gerade, ich benutze zu viele Fragezeichen. Zurück zu einfachen Aussagesätzen wie: Ich habe endlich einen polnischen Supermarkt gefunden. Der liegt nämlich gleich neben meinem zweiten Arbeitsplatz. Es mag ein wenig verrückt klingen, aber ich habe mich ein wenig heimisch gefühlt. Zumindest habe ich dort endlich mal etwas verstanden, und ich konnte die Produkte auseinanderhalten. Was Auslandsabenteuer so alles mit einem anstellen. Was mir dagegen ein bisschen Sorge bereitet ist, dass meine Unterwäsche so langsam den Geist aufgibt. Stoff hält eben auch nicht ewig, und dass was ich so dabei habe ist eben seit knapp acht Monaten im Dauereinsatz. Shoppen gehen möchte ich hier jedenfalls nicht, schon gar nicht Unterwäsche. Wenn ich mir die Frauenabteilung so anschaue, kann ich mir nämlich das Einkaufen auch sparen. Ich will Unterwäsche verdammt noch mal nicht „Nichts“ tragen… Vielleicht gibt es etwas anständiges in der Kinderabteilung. Hobbit sein hat auch seine Vorteile. Wenn wir gerade bei Geldausgeben sind, müsste ich mich auch noch um das Problem mit dem Übergepäck kümmern. Ich bräuchte definitiv einen zweiten Rucksack oder einen großen Beutel. Am liebsten hätte ich ja einen mit Universums-Print, nur wo bekomme ich den her? Ich sehe schon, ich werde Pokern müssen. Drückt mir mal die Daumen, dass es ein Royal Flash wird.
Da wir gerade bei Gewinner-Chancen sind Dublin war mit seinen teilweise streunenden Katzen, Füchsen sowie (Madern?) ein wenig abenteuerlich Reykjavik ist allerdings noch mal ein wenig besser. Hier ist zwar kein Eisbärengucken im Vorgarten angesagt, aber es gibt noch viel mehr Katzen. Der geniale Pluspunkt dabei ist, dass nicht alle scheu wie Rehe sind. Weshalb ich mittlerweile einen Stundenplan habe, wann die Nachbarskatzen draußen sind. Die kann ich nämlich gefahrlos streicheln und bespaßen. Freut beide Parteien und ich habe angenehme Beschäftigungs- sowie Flaumtheraphie. Weil wir gerade bei Katzen sind, ich bin immer wieder erstaunt wo sich alles in der Welt Amseln und Meisen ansiedeln können. Gibt es auch einen Ort, an dem es diese kleinen Piepmätze nicht gibt? Es ist zwar schön, dass hier morgens so viel Leben herrscht aber sie sind laut. Nicht so laut wie die nervige Müllabfuhr, aber die kann ich mittlerweile recht großräumig umgehen. Was tatsächlich noch lauter ist als das ohrenbetäubende Rattern des orangenen Monsters ist das Geschrei der hier ansässigen Nebelkrähen. Offiziell gehören sie anscheinend zu den Singvögeln. Das ich nicht lache. Wenn deren Babygeschrei als Gesang tituliert werden kann, weshalb habe ich damals in Musik keine eins mit Sternchen bekommen? Ich frage mich gerade ob Reykjavik eigentlich einen Zoo hat… Besuchen würde ich ihn zwar nicht, wäre aber mal interessant zu wissen oder zumindest ein Aquarium. Ein aquares-Feeling bekomme ich immer öfters gratis. Es liegt nicht immer am Regen, der ist mehr oder weniger kein Problem. Ich rede ihr von den Meeresbewohnern. Eines schätze ich an meinem Heimathafen mittlerweile besonders. Die Fischabfertigungshalle sofern sie überhaupt eine haben liegt nicht unbedingt im Einzugsgebiet. Hier dagegen schon, genauer gesagt direkt neben meinem Arbeitsplatz, was für mich bedeutet regelmäßig dezentes Fisch Horsd’œuvre genießen zu dürfen. Zu Deutsch: Es stinkt teilweise erbärmlich nach nicht mehr ganz so frischem Fisch. Besonders schön ist es, wenn von den Transportern der ein oder andere Fischrest auf den Boden fällt. Der wiederum bleibt dort erst einmal liegen im Zweifelsfall auch gerne mal länger. Wenn schwere Sturmböen aufkommen dann wehen die euch entgegen und ihr dürft morgens um kurz vor halb elf erst einmal Fischköpfe umarmen. Entgegenkommender Straßensand ist dagegen wirklich angenehm.
Das Gefühl bei fliegenden Fischen relativiert sich übrigens wieder als ich krank wurde. Nicht wirklich richtig krank sondern eher das Level von Männergrippe. Ergo ich war fit genug um zur Arbeit zu schleichen und zu Arbeiten, aber der Rest viel eben flach. Das waren die ersten zwei Wochen des Monats, weshalb ich in dieser Zeit kaum etwas vorproduzieren konnte. Mein Tagesplan sah nichts anderes vor außer Bett und Arbeit… Zumal es sich mit Kopfschmerzen des Todes wirklich schlecht schreiben ließ ebenso wie mit Halsschmerzen schlecht reden. In dieser Zeit vielen auch relativ viele Sprachnachrichten flach, was meinen Frust weiter anwachsen ließ. Genauso wie zwei Wochen ohne Sport… Es klingt lächerlich, aber wenn dir das einzig probate Mittel genommen wird sich selbst auszulasten dann wird das ganze Leben ein wenig schwieriger. Weshalb die zwei Wochen recht schlecht gelaunt durchlebt wurden, wenn ich es vorsichtig ausdrücken darf. Was es am Ende war? Keine Ahnung, in Deutschland grassierte zu der Zeit der Influenza B Virus, ob der zur selben Zeit auch hier in Island angekommen war? Ich bezweifle es.
Was nach meinem Kranksein kam, war allerdings um einiges Schlimmer. Wir sollten für das Museum beziehungsweise für die Galerie die neue Ausstellung aufbauen. Wir müssen es selbst machen, da die Administration zu wenig Geld von der Stadt bekommt wie gefühlt jede kulturelle Institution. Voller Vorfreude sah ich den zwei Wochen entgegen und schon am ersten Tag merkte ich: Sechseinhalb Stunden Tapete von der Wand abzukratzen, die Wand zu waschen und fürs Streichen vorzubereiten ist eine Hausnummer. Die nächsten Tage wurden nicht besser… Wir strichen, putzen, strichen, verputzen Löcher, schliffen Wände ab und putzen erneut. In Anbetracht dessen, dass wir trotz Anweisung unserer Chefin die falsche Farbe benutzt hatten begann alles wieder von vorn. Eine Woche lang hieß es Putzen, Staubsaugen, Steine schleppen, Streichen und wieder Putzen.