Rammstein

Feuer Frei! Oder auch: Rammstein in Paris

Da stellt man als volljähriger Teenager fest, dass Schule im Leben eben nicht alles ist und schwups sitzt man statt vor den Biobüchern für die letzt Klausur in der Kneipe mit Freunden oder man findet sich unter der Bahnhofsbrücke wieder an deren nebenstehender Mauer ein großes Ankündigungsplakat gekleistert wurde. Rammstein in Paris- das Konzert….

Der Termin lag zwar noch in weiter Ferne dennoch notierte ich mir besagtes Datum und stellte  fest, dass Kindergarten FSJler gerne mitkommen würde. Rammstein kannte er, mochte er und er war der einzige den ich kannte den Rammstein nicht vollständig verschreckte. Fall geklärt, würde ich sagen. Nur dann kam doch alles irgendwie anders und zwar in der Form der subjektiven Zeitwahrnehmung. Plötzlich waren sämtliche Karten für den Film ausverkauft, reservieren konnte man nicht mehr und online bestellen war aus fehlendem Online Banking eher aussichtslos.

Meinem Ärger wich erst einer fetten Enttäuschung bevor sie in Ehrgeiz umschwang, denn eins stand fest. Ich will. Ich wollte. Ich wollte in diesen verdammten Film. Koste es was es wolle, was folgte waren Stunden des Durchforstens unserer hiesigen Kinoprogramme. Siehe da, noch nicht einmal zehn Bahnstationen in unserem recht großen „Nischenkino“ entfernt waren noch Karten zu haben.

Wenn das mal nichts war… Mitbewohnerin wurde losgeschickt und am Donnerstagabend war es soweit. Ich würde Rammstein auf voller HD Leinwand betrachten dürfen, vor Freude fing fast mein Herz anzubrennen, aber nur fast.

Kommen wir nun zur besten, phänomenalsten Show des Jahrhunderts. Kein Metallica oder Iron Maiden Konzert kann diese Show toppen. Ich weiß nicht wie viele Kameras dort versteckt worden waren (es waren 30), ich will es glaube ich auch gar nicht so genau, ähnlich will ich nichts davon wissen wie viel Arbeit dass alles zu schneiden.

Das Einzige was ich wusste war, dass ich diesen Moment der Schwärze vor Konzertbeginn schon als unheimlich spannungsgeladen empfand. Und dann als die Gangway vom Backstagebereich zur Bühne hinabgelassen wurde, (mit furiosem Nebelaufgebot) ging es immer noch nicht los. Mensch… Langsam wurde ich ungeduldig. Der Film lief gerade mal 98 Minuten, da wollte ich nicht nur drei Songs höre, aber was tut man nicht alles für seine Lieblingsband und so hieß es gequält weiter Aussitzen. Auf einmal waren sie da, aus den Stadionkatakomben kamen sie empor geschritten verhängt mit Kutten, Kettenhemden, Kleiderfetzen getüncht in Schwarz/ Rot sowie jeder Menge Nieten als I-Tüpfelchen führte der liebe Bass-Gitarrist (Oliver) eine Fackel. Fahnenschwenkend inklusive brennendem Geleit wurde die Bühne beschritten, noch größere Flammenherde entflammt und Flaggen ausgestellt.

Aber nun genug der Show, denn dann erklang plötzlich Tills herrliche Reibeisenstimme. Mit Feuer Frei eröffnete er wohl das nun beste Konzert, was ich jemals erlebt habe wenn auch leider nicht live. Gefolgt von Sonne nahm jedenfalls das Abfackeln der Bühne seinen Lauf. Flammenaustöße nach oben, Funkenregen zu allen Seiten und wer der Optik noch nicht genug hatte, der stellte ganz schnell fest, dass Jonas Åkerlund sich nicht hat lumpen ließ nicht nur die Band in rasanter Schnittabfolge zu präsentieren, nein auch wurde das Publikum von oben und teilweise von unten in schwarz-weiß Optik mit eingespielt. Das Ganze hatte zur Folge, dass mein Gehirn nur noch Bienenschwarm registrierte anstatt Publikum. Die Reizüberflutung hatte gerade erst begonnen…. Ich weiß nicht mehr wann genau folgende Ereignisse statt fanden, denn sich Notizen in einem Rammsteinkonzert zu machen ist ein No Go. Für alle Filmkritiker da draußen wehe ihr sitzt mit Schreiblock dort und schreibt! Rammstein gehört genoßen, gefeiert und abgefackelt denn dass passierte im Verlauf der Show. Angefangen beim Mikrophonständer, gefolgt von den zwei Gitarren (die dann im Publikum landeten), hinterdrein ein funkensprühender Bogen, mehrere Signalraketen, sowie seltsame sich drehende Feuerkreisel. Die Band schwitzte und meine Augen brannten. Nicht mein Herz, das pochte mir dank des Adrenalins bis zum Kehlkopf, nein ich hatte nur vergessen zu Blinzeln. Für wie lange? Keine Ahnung…

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